Feminismus – Geschichte
Laut Duden handelt es sich bei dem Begriff Feminismus um einen Oberbegriff für verschiedene Strömungen, die sich für die Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit aller Geschlechter, v. a. von Frauen, und gegen Sexismus einsetzen, beispielsweise durch das Anstreben einer grundlegenden Veränderung gesellschaftlicher Normen (z. B. der traditionellen Rollenverteilung) und der patriarchalischen Kultur“. (1)
Im Wesentlichen handelt es sich also um den Versuch, Frauen im Alltag nicht mehr zu unterdrücken. Es wird oft allerdings als ein Versuch angesehen, die Männer zu unterdrücken. Dabei handelt es sich bei Feminismus gar nicht um Männerhass, sondern schlichtweg um Gleichberechtigung. Dr. des. Franziska Schutzbach vom Gunda Werner Institut sagte dazu: „Feminismus kritisiert vorherrschende patriarchale Männlichkeitsnormen, ruft aber nicht zum Hass auf.“ (2) Und der Feminismus ist nichts Neues. Das französische Wort féminisme war der Vorreiter und wurde erstmals Ende des 19. Jahunderts erwähnt, ins Deutsche wurde der Begriff allerdings erst Ende des 20. Jahrhunderts übernommen. Das heißt aber nicht, dass Frauen vorher nicht für ihre Rechte gekämpft haben. Eines ihrer ersten Rechte in Deutschland: das Wahlrecht. In Deutschland trat das erste Frauenwahlrecht 1918 in Kraft, 1919 gab es dann die erste Teilnahme von Frauen an deutschen Wahlen. Dies war das Ergebnis der sich langsam bildenden Massenbewegen und des am 19. Mai 1911 erstmals ausgerufenen und begangenen Internationalen Frauentages. Offiziell eingeführt wurde dieser Tag dann 1921 und wird seitdem jedes Jahr am 8. März gefeiert.
Im November 1918 riefen sowohl Philipp Scheidemann zur Deutschen Republik als auch Karl Liebknecht zur Freien Sozialen Republik aus. Die letztendlich daraus entstehende Weimarer Republik und dessen Verfassung beinhalteten noch mehr Rechte für Frauen. Wortwörtlich hieß es nun nämlich: „Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich. Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.“ Doch genau dieser Satz wies ein Problem auf. Von vielen wurde das „grundsätzlich“ als Einschränkung von Frauenrechten angesehen. Denn Männer und Frauen galten in der Gesellschaft als so grundverschieden, dass die Vorstellung einer kompletten Gleichberechtigung, die auch Themen wie Ehe- und Scheidungsrecht sowie Vermögensfragen, absolut absurd, bzw. unvorstellbar waren und wenig Gehör fanden.
Diese scheinbare Ideologie stammten hauptsächlich von Frauenrechtlerinnen und Politikerinnen, ihnen voran Marie Juchacz, die als erste Frau im damaligen Reichstag (beim heutigen Äquivalent spricht man von Bundestag) sprach. Sie war Vertreterin der SPD, einer 1875 gegründeten Partei, welche ihren heutigen Namen 1890 bekam. Eine weitere Vertreterin der Frauenbewegung im Bundestag war Luise Zietz, Politikerin der USPD, einer linken Partei, welche sich 1917 aus der bestehenden SPD bildete. Die Gruppe an Leuten, die später die USPD gründeten, waren während des Zweiten Weltkrieges unzufrieden: Sie wollten ein sofortiges Kriegsende und beschuldigten Führung von SPD und Gewerkschaften, während des Krieges zu eng mit Oberhäuptern von Militär und Verwaltung zusammengearbeitet zu haben. Ihr schlossen sich auch einige linksradikale Gruppen, wie zum Beispiel der Spartakusbund, an. Gründerin des Sparterkussbundes war neben Karl Liebknecht auch Rosa Luxemburg, einer der bekanntesten Politikerinnen, die wir aus dieser Zeit kennen. Sie unterstützte das demokrtaisch-sozialistische Denken und war Marxistin und Kommunistin.
In der Zeit des Nazionalsozialismus wurden die Rechte der Frauen stark eingeschränkt. Sämtliche politische und gesellschaftliche Vereine und Organisationen wurden aufgelöst, Frauen wurden aus hochgestellten Berufen gedrängt. Die Nazis sahen die Frau rein als Mutter und Hausfrau, dass sie nun arbeiten und sich vor allem politisch engagieren sollten, passte ihnen gar nicht. Adolf Hitler selbst äustere sich folgendermaßen dazu:
„Ein Frauenzimmer, das sich in politische Sachen einmischt, ist mir ein Greuel“(3)
Viele Frauen gaben dem ohne Widerstand nach, einige schlossen sich allerdings dem Widerstand gegen die Nazis und Hitler an. Besonders bekannt ist heutzutage vor allem Sophie Scholl, Mitglied der Weißen Rose. Erst mit Anfang des 1. Weltkrieges waren Frauen auch außerhalb des Haushaltes wieder erwünscht, der durch den Krieg verursachte Fach- und Arbeitskräftemangel nötigte Frauen wieder in den Arbeitsmarkt.
Auch Frauen wurden während der NS-Zeit großteilig in KZs (Konzentrationslagern) untergebracht. Meist wurden sie stickt von den Männern getrennt, sie wurden in seperate Lager gesteckt. Sie wurden ebenso wie Männer aus verschiedenen Gründen eingesperrt. Am meisten denkt man heute an die Jüdinnen und Juden, aber auch u. a. politische Gegener, Sinti und Roma und sogenannte „Asoziale“ wurden von den Nazis verfolgt und in KZs gesteckt. Während homosexuelle Männer als eigene verfolgte Gruppe galten, waren homosexuelle Beziehungen zwischen Frauen laut Gesetz nie verboten. Sie galten allerdings als soziale Außenseiterinnen, eine Gruppe von Menschen, die im Allgemeinen häufiger von Anschuldigungen betroffen war als andere. Lesbische Frauen, die als „arisch“ galten, d.h. Menschen, die ihrer rein deutschen Ideologie entsprachen, konnten ihre Sexualität verstecken. Denn solange die Frau „deutschrassig“ war und ebenso „deutschrassige“ Kinder bekam, erfüllte sie ihre von den Nazis vorgesehene Aufgabe.
Nach Kriegsende wurde Deutschland in zwei Gebiete aufgeteilt. Während in der westdeutschen Bundesrepublik Deutschland Frauenrechte in den Fokus gerückt wurden, stellte man sie in der ostdeutschen DDR zugunsten der Staatsloyalität in den Hintergrund.
Mit der Gründung der Bundesrepublik 1949 wurden Frauen durch das Grundgesetz deutlich mehr Rechte zugeschrieben. Laut Verfassung (Grundgesetz) hieß es nun nämlich: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Dies geschah nicht zuletzt durch den Kampf den die sogenannten „vier Mütter des Grundgesetzes“, Elisabeth Selbert (1896-1986, SPD), Frieda Nadig (1897-1970, SPD), Helene Weber (1881-1962, CDU) und Helene Wessel (1898-1969, Zentrum), um die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Auch bis heute steht dieser Satz im Grundgesetz. Dennoch waren die Rechte der Frauen weiterhin eingeschränkter als die der Männer. So konnte bis 1977 zum Beispiel noch der Arbeitsvertrag einer Frau von ihrem Ehemann gekündigt werden, wenn dieser fand, dass sie den Haushalt vernachlässigte. (4)
Mit der Frauenbewegung der 1960er und 70er setzte „eine zweite Welle“ ein und Proteste wurden so laut wie noch nie. Demonstrationen waren kein seltenes Bild. Die traditionelle Arbeitsteilung war immer noch alltäglich. Aber das wollten viele Frauen nicht mehr. Sie protestierten u.a. für das Recht der Schwangerschaftsabbrüche („My body, my choice“ – dt. „mein Körper, meine Entscheidungen“) und mehr Freiheiten am Arbeitsplatz sowie im Alltag. Die 60er und 70er waren jedoch nicht nur für die Frauenbewegung eine Blütezeit, auch Demonstrationen für peolple of colour und queere Menschen wurden zahlreicher und lauter. (5)
Und gerade das Thema Schwangerschaftsabbrüche sind auch heute noch top aktuell. Denn wirklich erlaubt ist es in Deutschland heute immer noch nicht, es steht im Strafgesetzbuch. Genau das will ein Zusammenschluss aus mehreren Fraktionen, unter ihnen auch SPD und Bündnes 90/die Grünen, dies ändern. Die Union, allen voran Friedrich März, Kanzlerkanidat der CDU, kritisiert diesen Vorschlag momentan vehement. Dennoch fehlen ihm Stimmen, um diese Idee durchzubringen, da für ein verfassungsänderndes Gesetz eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Der Verlauf des Ganzen ist also immer noch aktuell und spannend zu verfolgen. (6)
Viele Regelungen wie diese wurden über die Zeit abgeschafft, aber auch heute werden Männer und Frauen nicht immer als gleichberechtigt angesehen. So gehört zum Beispiel Deutschland mit einem Gender Pay Gap von 18% zu den drei größten Europas. Beim Gender Pay Gap handelt es sich um den geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschieds, d.h. ein Mann, welcher die gleichen Arbeitszeiten in dem selben Job mit dem gleichen Arbeitseinsatz besetzt, verdient im Durchschnitt also 18% mehr als eine Frau. (7)
Auch politisch ist die Frau immer noch unterpräsentiert. Von insgesamt 709 Bundestagsabgeordneten waren während der 19. Wahlperiode von 2017-2022 486 männlich und nur 223 weiblich, also mehr als doppelt so viele Männer. (8) Auffällig ist, dass besonders bei mitte-rechten bis ganz rechten Parteien der männliche Anteil deutlich überwiegt. (9)
Der Feminismus ist mit diesem Teil natürlich nicht abgetan, doch zu wissen, wie sich all das entwickelt hat, ist der erste große Schritt, um den Feminismus zu verstehen. Denn auch, wenn es vielleicht gar nicht so kompliziert ist, kursieren doch auch immer noch viele Vorurteile und falsche Vorstellungen zu diesem Wort, die es dringen zu beseitigen gibt.
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